Der Innsbrucker Hausberg ist in „aller Munde“. Aber nicht nur die finanzielle Seite sorgt für schlechte Stimmung, auch bautechnisch gibt es einiges, dass für Verwunderung und Rätselraten sorgt. Barrierefrei ist das Projekt im Übrigen auch nicht. Infos, die Sie vielleicht gar nicht wissen wollen 😊
Würde jedes Mal ein Euro in die Kasse fließen, wenn der Name Patscherkofel fällt, so wäre in den vergangenen Tagen das Projekt ausfinanziert. Nachdem dies aber nicht der Fall ist, darf das städtische Kontrollamt einige Fragen des Innsbrucker Bürgermeisters nachgehen, ehe die politischen Konsequenzen anstehen. Bei aller Liebe zu den Innsbruckern Mandataren, das finanzielle Desaster muss auch personellen Konsequenzen haben.
Bildausschnitt, Bild „Patscherkofel mit Bergisel“, J.G. Deutsch
Am 30.10.2015 hat der Gemeinderat in einer Sondersitzung folgende finanzielle Entscheidungen getroffen (das Protokoll der Gemeinderatsitzung finden Sie unter diesem Link)
Seilbahn 14,0 Mio. Euro
Hochbauten 12,8 Mio. Euro
Abbruch, Liftversetzung 0,4 Mio. Euro
Beschneiung, Pistenbau 1,7 Mio. Euro
Parkraum, Verkehrsplanung 3,1 Mio. Euro
Rodelbahn 0,8 Mio. Euro
Speicherteich 0,3 Mio. Euro
Energieversorgung 1,2 Mio. Euro
Erdarbeiten, Innenausstattung, Stationen, infrastrukturelle Leistungen, Verfahren, Versicherungen und Reserve konnte nicht beziffert werden.
Eineinhalb Jahre später wird der Gemeinderat in der Sitzung am 15.2.2017 mit neuen Zahlen konfrontiert. Das Projekt liegt nun bei 55,4 Mio. Euro und weist eine Überschreitung von 9,5 Mio. Euro auf. Da 2,6 Mio. Euro eingespart wurden, liegen die Mehrkosten bei 6,9 Mio. Euro. (das Protokoll der Gemeinderatsitzung finden Sie unter diesem Link)
Seilbahn 12,8 Mio. Euro (- 1,5)
Hochbauten 19,9 Mio. Euro (+ 7,1)
Abbruch, Liftversetzung 1,1 Mio. Euro (+ 0,7)
Beschneiung, Pistenbau 2,6 Mio. Euro (+ 0,9)
Parkraum, Verkehrsplanung 2,7 Mio. Euro (- 0,4)
Rodelbahn 0,7 Mio. Euro (- 0,1)
Speicherteich 0,3 Mio. Euro (- 0,0)
Energieversorgung 2,0 Mio. Euro (+ 0,8)
Erdausstattung 1,7 Mio. Euro, Innenausstattung 2,0 Mio. Euro, infrastrukturelle Leistungen 2 Mio. Euro Verfahren 5,4 Mio. Euro, Versicherungen 0,1 Mio. Euro und Reserve 3,0 Mio. Euro.
Im Gesamtkonzept war auch die Rodelbahn und die Speicherteichadaptierung als Badesee vorgesehen. Derzeit sieht aber so aus, dass diese durchaus attraktiven Vorhaben nicht realisiert werden.
Zu welchen Zahlen das städtische Kontrollamt kommt, wird man in den nächsten Wochen nachlesen können.
Auch Petrus outete sich nicht als besonders großer Fan des Projektes. Er sorgte nicht nur für schwierige Bedingungen für die Arbeiter beim Projekt, auch der Eröffnungstag viel fast „ins Wasser“ und neben sorgt der Föhn für ausgesprochen variabel Betriebszeiten.
Damit nicht genug, gibt es auch bautechnischen einiges an Rätselraten und Verwunderung. So manche Planung scheint dem Sparstift zum Opfer gefallen zu sein oder warum ist ansonsten die Garage und Werkstatt für die Pistengeräte zu nieder und deren Einfahrt fast zu schmal? Und die Bergstation ist eigentlich noch ein Provisorium.
Bei der Projektpräsentation war die Barrierefreiheit des Hausberges einer der Schwerpunkt. Derzeit wohl nur ein Schlagwort, von Barrierefreiheit kann beispielsweise beim Weg von der Bushaltestelle zur Bahn wohl nicht gesprochen werden.
Der Patscherkofel mit seiner besonderen Geschichte ist also zum Problemberg geworden, ohne dass das Innsbrucker Wahrzeichen etwas dafürkann. Die Schuldigen an diesem Desaster müssen sich erst in der Öffentlichkeit dazu bekennen.
Noch ein schneller Blick auf die Geschichte der Bahnen auf dem Patscherkofel:
1910: Erste Pläne zum Bau der Seilschwebebahn
1926/27: Die Patscherkofel-Drahtseilbahn AG wurde gegründet. Baubeginn am Hausberg. Aktionskomitee (private Personen), Gemeinde Igls (Mit 1. April 1942 wurde die Gemeinde Igls sowohl in die Stadtgemeinde als auch in die Ortschaft Innsbruck eingemeindet) und Schwaz investieren.
1928: Eröffnung der Patscherkofel Seilschwebebahn. Land Tirol übernimmt Betrieb. (14.4.)
1940: Verkauf an Innsbrucker Verkehrsbetriebe AG
1962: Großumbau der Bahn auf 4 Wagen und technische Verbesserungen
1964: Olympische Winterspiele
1969: Bau Ochsenalm Schlepplift
1973: Bau Übungslift Patscherkofel
1976: Olympische Winterspiele
1996: privater Betreiber übernimmt die Patscherkofelbahn, technischer Umbau der Pendelbahn
1999: Bau Olympiaexpress 4er Sessellift
2002: Sanierung der 4 Wagen
2005: Bau Panoramabahn 4er Sessellift
2006: Bau Kaiserlift Igls
2007: Bau Olex Restaurant
2007: Bau Heiligwasser Schlepplift
2009: Bau Niederseillift Kinderland Heiligwasserwiese
2011: Bau Zauberteppich Kinderland Heiligwasserwiese
2012: Olympische Jugend Winterspiele
2014: Stadt Innsbruck übernimmt die Patscherkofelbahnen
2015: Architekturwettbewerb (20 Büros wurde eingeladen, 16 nahmen teil) Bewerb bis März 2016
2015: Sondergemeinderat genehmigt Patscherkofelbahn neu:
- Bau einer Einseilumlaufbahn mit 10er Kabinen
- Talstation bei der Römerstraße in Igls, über Mittelstation bis zur Bergstation
- Abbruch Pendelbahn, Panoramabahn, Olympiaexpress, Ochsenalm Schlepplift
- Modernisierung und Optimierung der bestehenden Beschneiungsanlage
- Bau einer beleuchteten Rodelbahn in 2 Sektionen
- Ausbau des Speicherteichs für den Badebetrieb
2016: Vergabe Seilbahn an Doppelmayr, Verhandlungsabschlüsse, Vergabe Generalplaner, Baugenehmigungen, Trassenrodung
2017: Abbrucharbeiten, Spatenstich (26.4), Modernisierung der Beschneiungsanlage, Eröffnung (22.12.)
2018: Kostenprüfung, Mängel- und Fehleranalysen
Kronen Zeitung, 9.6.2018